Comtoise | Comtoise-Uhr reparieren

Die Comtoise Uhr

Was ist eine Comtoise?
Comtoise

Es gibt wohl kaum eine Großuhr, die eine derartige Verbreitung gefunden hat, wie die sogenannte Comtoise-Uhr, die Uhr aus der französischen Provinz “Franche-Comté”. Sie ist besonders stark in Frankreich verbreitet, hat aber auch in Deutschland, in der Schweiz und in den USA in den letzten Jahrzehnten viele Freunde gefunden. Die Comtoise-Uhr hat eine fast sagenhaft anmutende Geschichte. Sie wurde etwa 230 Jahre lang (ab etwa 1680) mit einem beinahe unveränderten Werk gebaut, wobei sich allerdings ihr Äußeres – weniger durch die Mode als durch die technischen Möglichkeiten bedingt – mehrmals verändert hat. Die Ursache ihres Erfolges war ihre einmalige Solidität – erheblich solider als die etwa in der gleichen Periode gebaute Schwarzwälder Uhr -, verbunden mit ihrer Reparaturfreundlichkeit. Hinzu kam, daß sie außerdem noch “prächtig” aussah.

Zur Geschichte der Comtoise-UhrComtoise-Uhr

Die Comtoise-Uhr war bis etwa 1950 außerhalb Frankreichs fast unbekannt. Die Ursache dafür mag daran liegen, daß es keine Veröffentlichungen über diese Uhr gab, weder in deutscher Sprache, ja noch nicht einmal in der Sprache des Herkunftlandes Frankreich. Es ist anzunehmen, daß durch die Entwicklung des Reiseverkehrs nach Frankreich und das damit verbundene Kennenlernen dieser Uhr in französischen Antiquitätengeschäften im Zuge der “Sehnsucht nach den Dingen von früher” das Interesse an dieser außergewöhnlichen Uhr geweckt wurde. Man stellte fest, dass diese Uhr nicht nur qulitativ hochwertig verarbeitet war, sondern auch eine besondere Ausstrahlung hatte. Inzwischen sind die goldenen Zeiten des billigen Einkaufs dieser Uhr in Frankreich vorbei. Die Speicher auf dem Lande, auf denen diese Uhren von Staub und Spinnweben bedeckt herumstanden, sind weitgehend geräumt. Die letzten Comtoise-Uhren werden zusammengekratzt und finden selbst mit fehlenden Teilen noch Käufer.

Die Comtoise-Uhr war im wesentlichen für das Landvolk bestimmt. Sie besaß ein robustes, zuverlässiges Werk und war reparaturfreundlich und außerdem erschwinglich. Der Preis einer gängigen Comtoise-Uhr betrug in der Mitte des 19. Jahrhunderts 15 bis 25 Franc. Der laute Stundenschlag mit Repetition nach 2 Minuten war für einen Bauern- hof wie geschaffen. Hier war meist nur eine einzige Uhr vorhanden, deren Glockenschlag man in allen Gebäuden des Hofs hören sollte. Es ist erstaunlich, daß die Comtoise-Uhr in den Werken der großen französischen Uhrmacher der damaligen Zeit überhaupt nicht erwähnt wird. Die Ursache dieser Nichterwähnung scheint darin zu liegen, daß diesen großen Meistern der Uhrmacherkunst die Comtoise-Uhr einfach zu “primitiv” war im Vergleich zu den sonstigen auf dem Markt befindlichen Uhren.

Comtoise

In Frankreich heißt die Comtoise-Uhr “Horloge Comtoise” od. “La Comtoise”. In der Schweiz und in den USA ist der Ausdruck üblich: “Morbier-Clock”. Der früher benutzte Ausdruck “Burgunder-Uhr” sollte vermieden werden, weil diese Bezeichnung die Herkunft dieser Uhr nicht präzise genug kennzeichnet. Die wichtigsten Gebiete, in denen Comtoise-Uhren hergestellt wurden, waren die Franche-Comté mit den Departements Jura, Haute-Saone und Doubs sowie die Departements Haute-Marne, Ain, Cote-d’Or und Loire. Zunächst waren es nur Einzelstücke, die von geschickten Uhrmachern hergestellt wurden. Glücklicherweise hat sich ein Teil dieser Uhrmacher mit Namen und Ort auf ihrem Werk verewigt. Die Namen auf den ersten Uhren waren die Hersteller. In späteren Jahren haben die Verkäufer ihre Namen auf die Uhr setzen lassen. Es ist schwierig, das erste Auftreten der Comtoise-Uhr anzugeben. Aber man kann als sicher annehmen, dass die Einführung des Pendels den Beginn dieser Uhrentype kennzeichnet. Der Holländer Huygens erfand das Pendel im Jahre 1656. Es dürfte aber 20 Jahre gedauert haben, bis die Kenntnis von seiner Erfindung in der Franche-Comté bekannt wurde. Demnach werden wohl die ersten Comtoiser Uhren um das Jahr 1680 gebaut worden sein.

Das Aussehen einer Uhr wird in erster Linie durch das Zifferblatt und die Zifferblatt- verzierung bestimmt. Diese Teile haben sich im Laufe der über 200 Jahre währenden Geschichte der Comtoise-Uhr mehrmals geändert. Einige Ausführungen haben sich erstaunlich lange gehalten, manche bis zu einem Jahrhundert, andere Ausführungen waren nur kurzlebig. Große Zifferblätter, ganz aus Email, gibt es etwa seit der Mitte des 18. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit war die Emailliertechnik so weit fortgeschritten, dass auch grössere Stücke emailliert werden konnten. Die sogenannten “Hahnenuhren”, die von allen gegossenen Aufsätzen am häufigsten geführt worden sind, wurden von etwa 1740 bis etwa 1830 angefertigt. Der Hahn ist kein revolutionäres oder republikanischen Emblem. Es ist nichts anderes als das Symbol des erwachenden Tages und somit der Zeit. Bei der “Sonnenuhr” handelt es sich um ein Emblem mit einem von Strahlen umgebenen Kopf, auch Sonnenkopf genannt. Er ist ebenfalls ein Symbol des Tages und somit der Zeit. Der Sonnenkopf erlebt nochmals eine besondere Blüte in Verbindung mit der geprägten Zifferblattumrandung in den Jahren 1815 bis 1840. Uhren mit gegossenem Sonnenkopf stammen etwa aus der gleichen Zeit wie die Hahnenuhren. Um 1800 tritt ein neues Emblem auf: das Adleremblem, das zu den Attributen des Kaiserreiches (Empire) gehört.

Comtoise-Uhren

Dieses relativ seltene Emblem hält sich über den Sturz Napoleons (1815) hinaus bis etwa 1830. Die Jahre um 1815 sind für die Comtoise-Uhr von besonderer Bedeutung gewesen. In diesen Jahren wurde der damals übliche Zifferblattschmuck aus Messinguss mehr und mehr durch eine Umrandung aus geprägtem Messingblech ersetzt. Außerdem wurde das Pendel von hinten nach vorne, also vor die Gewichte, verlegt. Zugleich wurde die Pendelform geändert. Das Pendel aus Drahtstücken und Pendelbirne wurde aufgegeben. Zunächst kam das Pendel mit Pendellinse, später das Lyrapendel und das Prachtpendel. Am Werk wurden gewisse, jedoch unwesentliche Änderungen vorgenommen. Die Spindelhemmung blieb zunächst erhalten. Die wesentliche Änderung am Werk war wohl der um das Jahr 1860 vorgenommene Übergang von der Spindelhemmung zur Ankerhemmung. Die geprägte Zifferblattumrandung mit vornehmlich bäuerlichen, religiösen und ornamentalen Motiven und das Vorderpendel haben das Aussehen der Comtoise-Uhr von 1820 bis zum Ende der Herstellung im Jahr 1914 bestimmt.

Text und Bilder wurden freundlicherweise von Herr Eichler zur Verfügung gestellt.